Eine(r) von uns
Berührungsängste mit dem Thema Tod und Sterben hatte Sabrina Berg aufgrund der eigenen Lebensgeschichte nie. Vor 13 Jahren erkrankte ihr Vater unheilbar - und als es darum ging, ob er palliativ behandelt werden sollte, konnte sie erst gar nichts damit anfangen.
Es war keine leichte Situation damals. Doch die Entscheidung für die Aufnahme in eine Palliativ-Station erwies sich sehr schnell als Segen. "Es war sogar eine ‚schöne‘ Zeit für uns alle", sagt Berg. Der kranke Vater wurde sehr kompetent und liebevoll betreut - und er konnte eine Bindung zu den ihn Betreuenden entwickeln und sich öffnen.
Damals entstand der Wunsch, erzählt Sabrina Berg, sich im Hospizbereich zu engagieren. Doch zum damaligen Zeitpunkt verhinderte dies ihre starke familiäre Einbindung.
2018 kam Sabrina Berg aufgrund eines Todesfalls im Freundeskreis erneut mit dem existentiellen Thema in Berührung. Der Tod einer Freundin konfrontierte sie mit dem Thema Tod und Sterben. Schlussendlich begann die 42-Jährige eine Ausbildung bei der Mainzer Hospizgesellschaft. So konnte sie erstmal in die Hospizarbeit hinein schnuppern. Sie hospitierte zweimal im Christophorus Hospiz in Mainz-Drais und begleitete eine Ehrenamtliche.
Parallel absolvierte Berg eine entsprechende Ausbildung zur Hospizbegleiterin. Der intensive Kurs umfasste sechs Nachmittage und behandelte vielfältig Themen, die mit Tod und Sterben zu tun haben.
Mittlerweile kommt Sabrina Berg alle 14 Tage dienstags zum Frühdienst in das Mainzer Hospiz. Um 10:30 Uhr beginnt der Dienst. Im Laufe des Dienstes ergeben sich ganz natürlich Gespräche mit den Menschen, die im Hospiz ihre letzten Tage verbringen.
Neben ihrer Fröhlichkeit und Freundlichkeit bringt Sabrina Berg noch etwas ganz Besonderes mit in das Hospiz - nämlich ihren Hund namens Grace. Grace hat eine Besuchshunde-Ausbildung und darf somit in das Hospiz, was für viel Freude unter den Gästen sorgt. So berührte die Ehrenamtliche besonders eine Situation mit Grace. Ein Gast, eine Frau mit Demenz und Krebs, konnte sich als Grace einmal nicht mitkam, plötzlich an den Hund erinnern und verlangte nach ihm. "Da spürt man, dass die Begegnungen zwischen Mensch und Tier ganz tief etwas mit den Menschen macht", so Berg.
Die Frage, ob der Tod im Kontakt mit den Gästen ständig präsent ist, verneint Berg. Es werde viel gemeinsam gelacht. "Und dies ist auch wichtig", erzählt die 42-jährige Bankkaufrau.
Der Umgang mit den Gästen und deren Angehörigen sei der Kern ihrer Arbeit, so Berg. Manche Gäste vertrauen Berg ihren Lebensweg an und auch Angehörige schütten ihr so manches Mal ihr Herz aus.
Was genau sieht Sabrina Berg als Ihre Aufgabe im Hospiz an? "Freude schenken und Menschen auffangen", sagt sie spontan. Doch oftmals sind es auch nur vermeintlich kleine Gesten, wie das Halten einer Hand. Diese seien nicht minder wichtig. "Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben", so lautet ein Zitat von Cicely Saunders. "Darum geht es mir bei meiner Arbeit", sagt Berg.
Text: Andrea Kinski